Wie vermeide ich einen Burnout als Pflegender Angehöriger

Die Vermeidung eines Burnouts als pflegender Angehöriger ist von entscheidender Bedeutung, da die meisten Pflegenden Angehörigen kaum zu ersetzen sind. Pflege bis zum Umfallen nutzt also dem kranken Angehörigen auch nichts!

Mein oberster Rat als Pflegende Angehörige: Dinge und Arbeiten liegenlassen, die nicht unbedingt notwendig sind! Auch wenn das Umfeld mit Unverständnis reagiert, wenn die Wohnung nicht so aufgeräumt und hergeschnuckelt ist wie bei ihnen selbst, ist das Wohl der Bewohner wichtiger und das ist auch das des Pflegenden!!

Im normalen Leben achten die meisten von uns auf eine schöne, vorzeigbare Wohnung, mit der man im Idealfall auch ein wenig “protzen” kann. Schöne Dinge stehen herum, man hat Platz und alles ist hübsch arrangiert. Die Küche ist stets aufgeräumt, es steht kein Topf vom Kochen herum und alles blitzeblank.

Kommen Personen zu Besuch in einen Pflegehaushalt, so erwarten sie oft ein ähnliches Umfeld wie im Pflegeheim! Und das ist fatal. Zuhause hat der Pflegling noch seine tausend Gegenstände aus seinem bisherigen Leben herumstehen und vieles, was benötigt wird, zu Pflege wird nicht wie im Heim separat gelagert, etwa die Massen an Windeln, die man braucht, sondern alles kommt in die Wohnung!

Wir haben uns ein extra großes rollbares Regal für alle Pflegeutensilien angeschafft, denn die Sachen stapelten sich in einem Zimmer und es war kaum Überblick. Das Regal konnte zwar nicht alle Windeln aufnehmen, aber viele andere Dinge, wie die Handschuhe, Desinfektion und vieles andere. Es war uns eine grosse Hilfe, hatte man doch immer alles sortiert und am Platz wie in einem Laden und das Regal konnte beiseite geschoben werden. Das ging ja vorher nicht, da lagen alle Gegenstände gestapelt oder lose herum und belegten den ganzen Raum.

Schön ist ein Pflegehaushalt oft nicht mehr! Schön im Sinne von stylisch und schick. Gemütlich kann es immer noch sein. Aber in den meisten Fällen sind diese Haushalte vollgestopft. Zum einen weil man für die Pflege so viel zusätzlich braucht, zum anderen weil die Pflegenden Angehörigen es nicht auch noch schaffen auszumisten.

Daher appellieren wir hiermit auch in diesem Punkt an Außenstehende mehr Verständnis für die Lasten der Pflegenden Angehörigen zu zeigen und nicht die normalen Maßstäbe an eine Wohnung oder ein Heim zu setzen!

Im Pflegekurs sagte uns die Schwester in der ersten Stunde bereits, dass wir unsere Vorstellungen von der Einrichtung und Sauberkeit in der Wohnung über Bord werfen müssten. Zum Beispiel muss man schöne gemütliche Teppiche wegräumen, weil die Senioren darüber schnell stolpern.

An die Wände muss man oft Haltegriffe installieren. Geht die Person unsicher und wackelig, so sind auch leichte Schränkchen, an denen sie sich festhalten will, eine Gefahr. Viele “Herumstehchen” also Deko muss man umordnen. Alles muss eher praktisch und funktional werden.

Der normale Haushalt und auch die Gartenpflege können in der Pflegezeit nicht mehr so erledigt werden wie sonst. Woher soll auch die Zeit kommen? Pflege ist normalerweise ein Beruf, der nach 8 h am Tag beendet ist. Zuhause ist das nicht so, und es mischen sich alle Pflichten und Aufgaben.

Wer kann sich noch darum kümmern, dass der Garten gehegt und gepflegt wird, wenn ein alter Mensch sehr viel Hilfe und Aufmerksamkeit braucht? So gut wie alle Pflegenden Angehörigen haben sich pro Mensch und contra Dinge entschieden. Das bedeutet die Pflege des Menschen hat oberste Priorität und die Dinge müssen zurückstecken, dazu gehören eben auch Haushalt und Garten.

Die Folge ist dass der Haushalt wohl noch sauber ist, aber viele Dinge herumstehen und zu anderen Zeiten als üblich werden alltägliche Pflichten erledigt. Der Garten verwahrlost, aber es tut ihm nicht weh!

Wollen wir uns als Pflegende Angehörige nicht ganz kaputt machen, so müssen wir die optischen Erwartungen der Außenstehenden ignorieren. Wir leisten wertvollere Arbeiten als eine gestylte Wohnung vorzuweisen.

Pausen sind wichtig! Gibt der Patient Ruhe, vielleicht jeden Tag zur gleichen Zeit, sollte man sich kurz ausruhen. Egal, zu welcher Uhrzeit und ob andere um “diese Zeit” arbeiten. Pflegende Angehörige haben 24h Dienst. Pausen muss man sich auch dann nehmen, wenn noch tausend Pflichten auf einen warten.

Hier sind einige Schritte und Strategien, die helfen können:

  1. Selbstpflege priorisieren: Denke daran, dass du selbst gesund und ausgeglichen sein musst, um für andere sorgen zu können. Setze deine eigene Gesundheit und dein Wohlbefinden nicht an die letzte Stelle.
  2. Unterstützung suchen: Lass dich nicht scheuen, Unterstützung von anderen in Anspruch zu nehmen. Das können Freunde, Familienmitglieder, Selbsthilfegruppen oder professionelle Pflegekräfte sein. Wir wissen, dass das leider sehr schwierig ist!!
  3. Pausen einplanen: Plane regelmäßige Pausen und Erholungszeiten ein. Wenn möglich, suche nach Gelegenheiten für Freizeitaktivitäten, die dir Freude bereiten und dich entspannen lassen. Mache aber auch immer spontan Pausen, denn wirklich Planen kann man im Pflegealltag, besonders bei Dementen, nicht viel.
  4. Grenzen setzen: Setze klare Grenzen, sowohl bei deiner Zeit als auch bei den Aufgaben, die du übernehmen kannst. Akzeptiere, dass du nicht alles machen kannst und lerne “Nein” zu sagen, wenn du überfordert bist. Leider muss man in der Pflege ständig eigene Grenzen überschreiten. Nein geht aber zum Beispiel bei bestimmten Pflichten, die nicht jeder gut erledigen kann.
  5. Zeitmanagement: Nutze Zeitmanagement-Techniken, um Aufgaben zu organisieren und Prioritäten zu setzen. Ein effektiver Zeitplan kann dazu beitragen, den Stress zu reduzieren.
  6. Entlastungspflege in Betracht ziehen: Suche nach Möglichkeiten für vorübergehende Entlastungspflege, damit du eine Pause einlegen kannst. Pflegeheime oder Pflegeeinrichtungen bieten oft solche Dienste an.
  7. Deine Gefühle ausdrücken: Teile deine Gefühle mit anderen, sei es durch Gespräche mit Freunden oder in einer Selbsthilfegruppe. Manchmal hilft es einfach, jemandem zuzuhören, der ähnliche Erfahrungen gemacht hat. Nutze die Facebook-Gruppen.
  8. Professionelle Hilfe in Betracht ziehen: Ein Psychologe oder Therapeut kann dir helfen, mit den emotionalen Herausforderungen der Pflege umzugehen und Strategien zur Stressbewältigung zu entwickeln.
  9. Gesunde Lebensweise pflegen: Achte auf eine ausgewogene Ernährung, ausreichend Bewegung und ausreichend Schlaf. Diese Faktoren können deine körperliche und geistige Gesundheit stärken. (Hier werden viele Angehörige lachen “ausreichend” Schlaf, während sie nachts immer wieder aufstehen müssen. Gerade deswegen ist es wichtig, sich tagsüber mal hinzulegen.
  10. Stressbewältigungstechniken anwenden: Lerne Entspannungstechniken wie Meditation, Atemübungen oder Yoga, um Stress abzubauen und dich zu beruhigen.
  11. Realistische Erwartungen setzen: Akzeptiere, dass du nicht alles perfekt machen kannst. Setze realistische Erwartungen an dich selbst und vermeide Selbstvorwürfe.
  12. Selbstmitgefühl entwickeln: Sei nachsichtig mit dir selbst und erkenne an, dass die Pflege eine anspruchsvolle Aufgabe ist. Du machst dein Bestes, und das ist genug.
  13. Regelmäßige ärztliche Kontrollen: Vergiss nicht, deine eigene Gesundheit regelmäßig überprüfen zu lassen. Du kannst nur gut für andere sorgen, wenn du selbst gesund bist.
  14. Zeit für dich selbst nehmen: Suche nach Gelegenheiten, um Dinge zu tun, die dir Freude bereiten und dich aufladen, sei es Hobbys, Lesen, Spaziergänge in der Natur oder andere Interessen. Malen entstresst sehr und beruhigt das Gemüt.

Uns ist bewusst, dass vieles aus dieser Liste nur “fromme” Wünsche sind, die sich kaum realisieren lassen. Wichtig aber ist vor allem, dass man sich nicht selbst den Erwartungsdruck macht, den die Gesellschaft vorgibt. Wir müssen nicht perfekt sein als Pflegende. Wir müssen auch nicht perfekt aussehen während der Pflege.

Wir dürfen zunehmen und wir dürfen ungestylt durch den Tag gehen. Manchmal ist es wichtiger, seine Zeit dem erkrankten Angehörigen zu widmen, als die Küche aufzuräumen.

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