Wie mit Demenz als Angehöriger umgehen?

Demenz ist eine sehr belastende Erkrankung, die nicht nur den Betroffenen, sondern auch deren Angehörige betrifft. Es erfordert nicht nur Sensibilität, sondern vor allem auch Schulung und Wissen, um richtig damit umgehen zu können als Pflegender Angehöriger.

Wie erkennt man Demenz-Symptome?

Es ist nicht einfach mit einem Angehörigen umzugehen, der an Demenz leidet. Daher ist es zunächst wichtig, dass man als Angehöriger die Demenz-Symptome erkennt und mit viel Geduld und Verständnis auf die Befindlichkeiten des Betroffenen eingeht.

Versuchen Sie, dem Betroffenen, falls er selbst noch merkt, dass er dement wird, ihm die Angst und Unsicherheit zu nehmen, indem Sie Routine und Struktur in den Alltag bringen.

Erklären Sie dem Betroffenen, was gerade passiert und versuchen Sie, ihn in seiner Welt zu verstehen. Dabei sind aber klare, kurze Sätze wichtiger als lange Erklärungen. Bitte direkte Sätze formulieren und kein Drumherum, wie wir es oft im Erwachsenenleben gewöhnt sind.

Vermeiden Sie es, den Betroffenen zu korrigieren oder zu unterbrechen, wenn er sich verhält, was man als ungewöhnlich wahrnimmt. Seien Sie vorsichtig mit allem, was Sie sagen, da die Gefühle des Betroffenen leicht verletzt werden können.

Seien Sie auch geduldig und versuchen Sie, die Kommunikation so einfach wie möglich zu halten. Versuchen Sie sich in der Kommunikation jemanden vorzustellen, der eine andere Sprache spricht oder ein Kind, aber sprechen Sie trotzdem nicht in Kindersprache.

Wie kann man als Angehöriger helfen?

Als Pflegender Angehöriger müssen Sie vor allem Ihre Ruhe und Ihre Nerven bewahren. Viele Situationen sind jetzt sehr fordernd, reizend, provokativ.

Versuche Sie die Situation und Konflikte zu entschärfen, indem Sie einen respektvollen und verständnisvollen Ton anschlagen und nicht zu sehr den Betroffenen zu bevormunden oder zu korrigieren.

Schaffen Sie eine stressfreie Umgebung und geben Sie ein Gefühl der Sicherheit und des Friedens zu schaffen. Suchen Sie daher immer Inhalte und Bereiche, in denen sich der Betroffene noch wohl und sicher fühlt. Das ist oft die Vergangenheit. Erinnern Sie an schöne Erlebnisse und Leistungen!

Es gibt ca. 80 Formen von Demenz! Es ist daher immer erforderlich, individuell auf die Person und ihre Symptome einzugehen! Daher nützen allgemeine Leitfaden nicht hundertprozentig. Schauen Sie selbst, was Ihrem Angehörigen gut tut, was ihn fördert und bestätigt.

Oft machen Dementkranke nicht mit, wenn sie sich nicht ernstgenommen fühlen, beispielsweise bei Spielen für Demente, die sie dann doch unterfordern oder einfach langweilen.

Wie kann man als Angehöriger ein gutes Umfeld schaffen?

Es ist äusserst schwierig in der Pflege eines Dementkranken die Balance zu halten zwischen Selbstfürsorge und Aufopferung für den Kranken. Trotzdem ist es absolut wichtig, selbst Phasen der Erholung zu finden und damit Abstand zum Alltag mit der Demenz zu finden.

Leider sind die aktuellen finanziellen und organisatorischen Möglichkeiten in diesem Bereich nicht so toll. So bleibt uns Pflegenden Angehörigen oft nur, sich die Erholung in den eigenen vier Wänden zu schaffen oder allenfalls kurze Aufenthalte von maximal 2 Stunden außer Haus.

Es ist in Ordnung, wenn man sich auch mal tagsüber ausruht, denn die Nächte mit Dementkranken sind oft absolut herausfordernd. Dementkranke entwickeln oft einen umgekehrten Tages-/Nachtrhythmus, so dass sie nachtaktiv sind und tagsüber müde.

Leider helfen da alle „Erziehungsmethoden“ nichts. Oft muss man nachts eben noch zusätzlich etwas zur Beruhigung geben. Aber meist bleibt einem als Pflegender Angehöriger nichts anderes übrig, als mehrmals nachts aufzustehen.

Daher sollte man sich tagsüber Ruhephasen gönnen, auch wenn einem dies ungewöhnlich erscheint und das Umfeld das vielleicht nicht versteht. Anders überstehen Körper, Nerven und Psyche diese stressige Phase in der Pflege nicht unbeschadet.

In Ratgebern und Tipps kann man immer lesen, dass man sich „Gruppen“ und „Soziale Kontakte“ suchen soll, aber das klingt für Pflegende Angehörige wie Hohn! Sie haben kaum Zeit für sowas, weil der Pflegebedürftige eine 24-h Betreuung braucht und man kann nicht flexibel einen Pflegenden Angehörigen durch irgendjemanden austauschen. Das ist ja alles eingespielt und die Person muss pflegeerfahren sein.

Das einzige was uns bleibt, sind die Online-Gruppen und Foren! Wenn es sich irgendwie einrichten lässt, sollte man Kurse zum Umgang mit Demenzkranken besuchen. Manche Krankenhäuser bieten Kompaktkurse an, bei denen man beispielsweise samstags 2-3 h anwesend sein muss, das kann man oft gerade noch so hinbekommen.

Es ist schwer, sich selbst und seine Gefühle zu verstehen, wenn man ein Familienmitglied mit Demenz hat. Nicht nur fühlt man sich hilflos, sondern man muss auch eine neue Beziehung zu seinem Familienmitglied aufbauen, während es sich immer mehr verändert.

Ein schlimmer Punkt ist die Undankbarkeit. Der Pflegling begreift einfach nicht, dass sich hier jemand für ihn aufopfert und sein eigenes Leben zu 75 % mit. Manchmal sind Dementkranke noch sehr dankbar, manchmal nicht.

Damit umzugehen, ist einer der schwersten Punkte. Es gibt aber Phasen, wo sie Persönlichkeitsveränderungen durchmachen. Man sollte also nicht aufgeben und verzagen, wenn der Angehörige grade aggressiv und undankbar ist.

Auch hilft in vielen Fällen das Demenzpflaster Rivastigmin und macht die Betroffenen umgänglicher, ohne sie zu betäuben. Das Wichtigste: Wann immer es geht, viel über Demenz, die Symptome zu lesen! Kennt man diese, kann man vieles lockerer nehmen. Dann auch Tipps von Profis lesen und sich weiterbilden. Natürlich fehlt dafür im Pflegealltag die Zeit und Lust, aber immer ein Häppchen – das geht!

Welche rechtlichen Aspekte sollte man beachten?

Um als Angehöriger mit Demenz umzugehen, ist es wichtig, sich über die rechtlichen Aspekte im Klaren zu sein, die eine wichtige Rolle spielen. Dazu gehört insbesondere das Thema Vorsorge und Betreuung.

Hier ist es besonders wichtig, dass ein Betreuungsverfügung oder ein Patientenverfügung erstellt werden, um die Wünsche des Betroffenen zu berücksichtigen. Auch ein möglicher Betreuer oder ein Testamentsvollstrecker muss im Vorfeld bestimmt werden, um die Rechte des Betroffenen zu schützen.

Es ist außerdem ratsam, einen Anwalt aufzusuchen, um sicherzustellen, dass diese Dokumentationen rechtlich verbindlich sind. Ein weiterer Aspekt ist, dass die finanziellen Angelegenheiten des Betroffenen geregelt werden müssen.

Dazu gehören etwa die Beantragung von staatlichen Leistungen, sowie die Übertragung von Vermögen auf einen Treuhänder. Auch hier ist es ratsam, einen Anwalt aufzusuchen, um sicherzustellen, dass die Regelungen rechtlich bindend sind.

Aus all diesen Gründen ist die Pflege eines Dementkranken sehr, sehr aufwändig und sollte eigentlich einen sehr hohen Pflegegrad beinhalten. Die Realität sieht leider anders aus. Es wird von den Pflegekassen nicht honoriert, dass man für einen Dementkranken einfach alles machen muss! Seine Steuererklärung, seine behördlichen Angelegenheiten, Versicherungen, Abonnements etc.

Wie geht man am besten mit demenzbedingten Verhaltensweisen um?

Es ist wichtig, sich bewusst machst, dass der demenzkranke Mensch seine Verhaltensweisen nicht bewusst steuern kann. Versuchen Sie komplett umzudenken, was den Alltag, was Ordnung und Strukturen und auch unser Umgang mit Hygiene zu tun hat.

Vieles, was Dementkranke machen, erinnert an Kinder, die noch nicht wissen, wie man sich bei Tisch benimmt, wie man sauber bleibt, wie der Toilettengang vor sich geht.

Bleiben Sie geduldig und zuversichtlich und versuchen Sie nicht zu vergessen, dass der demenzkranke Mensch immer noch derselbe ist. Er ist anders, aber noch die gleiche Person, keine komplett neue und fremde. Sie werden Ihren Angehörigen schon noch in vielen Situationen wieder erkennen. Ärgern Sie sich also nicht über mangelnde Hygiene und sagen Sie nicht sowas wie „früher warst du so gepflegt und sauber“ o.ä. Vieles muss man einfach so nehmen, wie es gerade ist.

Was am meisten blockiert, ist der Druck und die Erwartungshaltung der Gesellschaft bzw. das, was man sein Leben lang gelernt hat. Das Leistungsdenken der Gesellschaft, die Erwartung wie ordentlich und sauber es im Haushalt stets sein muss, die Essensmanieren, die Tagesstrukturen.

Ein Dementkranker bringt den Alltag genauso komplett durcheinander wie ein Baby und Kleinkind, nur leider hat man als Angehöriger nicht die positiven Aspekte dabei. Man muss sich viele Vorstellungen von einem einem geregelten Tagesablauf wieder abgewöhnen und sich viel auf die Demenz einstellen.

Für die Hygiene und Sauberkeit ist man nun als Angehöriger zuständig. Schwierig ist es dann, wenn die Dementkranken noch sehr mobil sind und alles mögliche im Haushalt „anstellen“. Hier heißt es natürlich besonders viel Geduld und Nerven bewahren in der Pflege und vor allem sich von den gesellschaftlichen Vorstellungen, wie alles seine Ordnung zu haben hat, zu verabschieden.

Es hilft auch die Demenz spirituell zu begreifen. Als Anreiz, alles, was man gelernt hat, auch mal in Frage zu stellen und lockerer zu sehen.

Wie kann man die Kommunikation mit dem Betroffenen verbessern?

Menschen mit Demenz haben auch eine lange persönliche Geschichte, die es zu respektieren gilt. Es ist wichtig, sich auf das Verhalten und die Bedürfnisse der betroffenen Person einzulassen und sich bewusst zu machen, dass der Betroffene mehr ist als seine Diagnose.

Versuchen Sie die Person als Individuum zu betrachten und nehmen Sie Rücksicht auf ihre Gefühle. Aber es ist genauso wichtig, seine Grenzen zu ziehen. Kein Mensch muss Engelsgeduld haben, denn wir sind nur Menschen!

Bevor eine Situation eskaliert, weil der Demente zu aggressiv und schlecht gelaunt ist, verlassen Sie den Raum und atmen Sie erstmal durch. Sie müssen auch nicht immer total lieb und ruhig sein, das liefe auf Schauspielerei hinaus. Bleiben Sie trotz allem die Person, die Sie sind, denn diese ist dem Dementkranken vertraut. Wir können nicht in der Pflege auf einmal zu einer anderen Person mutieren.

Dementkranke haben durchaus auch Humor! Machen Sie also auch mal einen Witz und lassen Sie sich überraschen, dass oft auch ein Witz zurückkommt. Wenn Sie Fragen stellen oder kommunizieren und die Antwort passt nicht, gehen Sie nicht groß darauf ein. Wenn es ihn nicht stört, muss es Sie auch nicht stören.

Schwierig wird es halt in den Pflegesituationen, wo es ums waschen, essen, den Toilettengang, Windelwechseln, Umziehen geht. Hier muss jeder Pflegende Angehörige selbst schauen, wie diese Situationen mit einem Dementkranken am besten zu bewältigen sind und sich Strategien zurecht legen.

Demenz ist eine absolute Herausforderung! Es hilft dies auch so zu sehen, also sich selbst Lösungen für schwierige Situationen auszudenken.

Was sind die besten Strategien, um Stress abzubauen und sich selbst zu unterstützen?

Wenn Sie ein Angehöriger von jemandem mit Demenz sind, ist es wichtig, auch auf Ihre eigenen Bedürfnisse zu achten. Stress und Anspannung sind schwierig zu vermeiden, wenn man sich um eine Person mit Demenz kümmert. Es ist daher wichtig, Strategien zur Unterstützung zu entwickeln, um die körperlichen und emotionalen Belastungen zu verringern.

Einige Möglichkeiten, mit denen du dich unterstützen kannst, sind: regelmäßige Pausen einlegen, auch dann wenn verschiedene Arbeiten erledigt werden müssen! Machen Sie den Haushalt nicht mehr wie früher, sondern lassen Sie auch mal etwas liegen.

Wenn es irgend geht: Zeit im Freien verbringen, Bewegung betreiben, eine Support-Gruppe finden und wenigstens dort über die eigenen Gefühle sprechen. Wenn das schwer ist: Führen Sie ein Tagebuch! So schreiben Sie sich den Ballast von der Seele!

Die eigenen Gefühle, auch Wut und Verzweiflung zulassen und erkennen. Wir sind keine Superhelden, auch wenn wir welche sein müssen.

 

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