Kurzzeitpflege – Pro und Contra

Über die Kurzzeitpflege streiten sich die Geister der Pflegenden Angehörigen – einige können nicht ohne sie, andere meiden sie wie die Pest. Wir schildern unsere Erfahrungen. 

Die Kurzzeitpflege steht uns Pflegenden Angehörigen zu. Sie dient der Erholung und auch der Erledigung verschiedener Angelegenheiten, die man mit der Pflege nicht vereinbaren kann.

Rein theoretisch stehen uns 56 Tage im Jahr zu, praktisch aber muss man beispielsweise bei Pflegegrad 4 bereits nach ca. 33 Tagen Kurzzeitpflege dazu zahlen. Das Budget ist aufgebraucht, je nachdem ob man die Entlastungspflege monatlich in Anspruch genommen hat oder nicht.

33 Tage sind nicht viel Pause, wenn man überlegt, dass man das ganze Jahr über keine Wochenenden und keine eindeutige Freizeit zur Verfügung hat. Das Schlimmste an unserem Pflegesystem ist, dass es keine Möglichkeit gibt den Pflegenden freie Wochenenden zu ermöglichen.

Es gibt zwar rein theoretisch Tagespflege und mancherorts Nachtpflege und es gibt Verhinderungspflege, aber nichts lässt sich so einrichten, dass man wenigstens hin und wieder mal ein komplett freies Wochenende hätte. Die Verhinderungspflege geht nur stundenweise und es geht pro Stunde viel Geld weg.

Tagespflege geht an mehreren Tagen die Woche aber immer nur von 8-14 Uhr. Nachtpflege gibt es kaum. Die Kurzzeitpflege kann man selten für ein paar Tage buchen, die meisten Heime wollen mindestens 7 Tage, lieber mehr. Das kann man ihnen auch nicht verübeln, schließlich müssen sie sich auf jeden Patienten neu einstellen.

Nachteile der Kurzzeitpflege

Die Nachteile der Kurzzeitpflege hielten sich in unserem Fall (anfangs Pflegegrad 3, dann 4, Demenz, Schlaganfall, Rollstuhl, gehunfähig, Tremor in den Beinen) in Grenzen.

Die Nachteile waren bislang, dass unser Pflegling im Heim zu sehr abgebaut hat, weil er dort zu wenig isst. Zudem kann er dort nicht so mobilisiert werden wie zuhause. Während wir den Etac Turner * zum Umsetzen nutzen, mit dem er sich noch etwas hochziehen und kurz stehen kann, wird er im Heim immer aus dem Bett gehoben und umgesetzt.

Das können wir nachvollziehen, aber für seinen Bewegungsapparat ist das Umsetzen mit dem Turner gesünder. Ergo baut er immer ab, wenn er im Heim war. Wir versuchen immer wieder Physiotherapie für die Zeit im Heim zu organisieren, aber das klappt oft nicht. Auch haben wir keine Einsicht, was dort gemacht wird.

Er braucht nämlich Muskeltraining. Wenn er nur passiv bewegt und gedehnt wird, reicht dies nicht.

Das sind unsere zwei Nachteile: Körperlicher Abbau durch zu wenig essen und zu wenig Training.

Vorteile der Kurzzeitpflege

Wir haben bisher 3 Heime erlebt und in allen wurde sich wirklich rührend um die Insassen gekümmert. Die Körper-Pflege hat immer sehr gut geklappt. Es wurde sich sehr bemüht, unseren Pflegling zu mobilisieren, mit den anderen Insassen an den Tisch zu setzen und zu Aktivitäten zu animieren.

Da er aber öfters durch seine Demenz keine Lust hat und meist müde, wird er von den Pflegern auch nicht gezwungen. Also, wir haben die Pfleger durchweg als freundlich und sehr bemüht, sowie kompetent erlebt. Auch sind sie nervenstark und müssen viel einstecken.

Wir wussten unseren Vater also immer in guten Händen, auch wenn wir wissen, dass die Pfleger im Heim einfach nicht alles schaffen können und dass das Heim eben nicht ist wie zuhause.

Der Hauptvorteil ist: Als Pflegender Angehöriger kann man sich endlich mal entspannen, ausschlafen, durchschlafen, Urlaub machen, wenn es geht. Diese Auszeiten sind unglaublich wichtig, um wieder genügend Energie für die Pflege zu haben. Am erholsamsten war eine 3-wöchige Pause, aber das ist leider zu lang für unseren Pflegling. Dann baut er zu sehr ab.

Wir haben dann entschieden, ihn nicht länger als 11 Tage ins Heim zu geben. Der Erholungseffekt ist dann bei uns leider nicht so groß, aber dafür haben wir das dann 3 x im Jahr gemacht.

In der Kurzzeitpflege haben die Pflegebedürftigen, die zuhause gepflegt werden, etwas Abwechslung, was ihnen meist gut tut! Wir haben festgestellt, auch wenn demenzbedingt viel gemeckert und sich beschwert wird, so tat die Zeit unserem Vater im Nachhinein doch immer gut.

Manchmal erzählte er später noch etwas von den anderen Insassen. Ebenso hatte er sich dann eine Zeitlang etwas Sinnvolles angewöhnt, wie nach dem Essen noch mal die Tasse oder das Glas anzuheben “Prost” zu sagen und noch mal etwas zu trinken.

Insgesamt wurde sich in den Heimen sehr bemüht, die Insassen zu unterhalten, zu aktivieren und ihnen eine gute Zeit zu ermöglichen. Wenn das aufgrund von Demenz und anderen Beeinträchtigungen halt nicht mehr geht, so muss man das wohl hinnehmen.

Wir haben jedenfalls insgesamt gute Erfahrungen mit der Kurzzeitpflege gemacht, aber auch gelernt, dass ein dauerhafter Aufenthalt im Heim für unseren Vater nichts wäre, da er dort, wie bereits gesagt, zu sehr abbaut.

Auch ist dort natürlich keine 1:1 Pflege möglich und es kann nicht so sehr auf die Beschwerden etc. jedes einzelnen Patienten eingegangen werden. Allerdings waren wir immer überrascht, dass es doch ganz gut geklappt hat, obwohl unser Vater durch die Demenz und seinen Tremor in den Beinen nicht so einfach zu handhaben ist.

Aktuell trauen wir uns keine Kurzzeitpflege mehr zu beantragen, da unser Vater eine starke Dysphagie / Schluckstörung entwickelt hat, bei der auch die normalen Andickungsmittel nicht mehr helfen und er jetzt umso mehr eine 1:1 Betreuung braucht. Es kann sein, dass die Heime auch mit seiner Problematik gut zurecht kämen, aber das wollen wir aktuell nicht riskieren. Durch die Schluckstörung ist jeder Tag anders kompliziert und die Ernährung, besonders das  Trinken haben sich noch nicht richtig eingespielt.

 

Tipp: Wir nutzen zum Umsetzen den Etac Turner, der von der Krankenkasse auch bezahlt wird, er hat eine Hilfsmittelnummer. Amazon führt ihn allerdings auch im Sortiment inzwischen. Er ist auch dafür gut, dass der Patient mal im Sitzen den Rücken dehnen kann und ein bisschen aufstehen und stehen üben. Unser Physiotherapeut ist sehr begeistert von diesem Gerät.

 

*Affiliate-Link: Wir bekommen bei Bestellungen eine kleine Provision.

 

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