Altersdepression: Wie erkennen und wie helfen?
Viele alte Menschen sind missmutig, antriebslos, ständig müde und haben an kaum mehr etwas Interesse. Für Angehörige eine sehr schwere Situation. Oft versuchen Pflegende sich „zwei Beine“ auszureißen, um den Verwandten wieder aufzuheitern, ohne Erfolg.
Viele Pflegende Angehörige machen diesen Prozess durch: Vater, Mutter oder Großeltern sind nicht mehr wieder zu erkennen. Früher waren sie tatkräftige, fröhliche Menschen – jetzt sind sie lustlos, müde, schlecht gelaunt und haben ständig wechselnde Beschwerden.
Meist steht man hilflos dabei, versucht mit Tipps und Aufmunterungen dagegen anzuarbeiten, aber es ist nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Oft ist die Situation so anstrengend, dass die Angehörigen Gefahr laufen, sich mit herabziehen zu lassen, vor allem, wenn sie selbst pflegen und kaum sozialen Ausgleich haben.
Umso wichtiger ist es, sich mit dem Thema Altersdepression auseinanderzusetzen und die Situation anzunehmen, und damit sind nicht nur und in erster Linie die Angehörigen gemeint, sondern Ärzte und Therapeuten.
Zunächst mal ein paar typische Kennzeichen einer sogenannten Altersdepression
- Alterseingrenzung: ab 65 Jahre
- dauernd gedrückte Stimmung
- freudlos
- antriebslos
- Interessenverlust
- Müdigkeit
- wenig Appetit
- Traurigkeit
Es ist natürlich sehr schwer diese Symptome von denen bei einer Demenz abzugrenzen. Ein wichtiger Punkt ist aber der Appetit. Viele ältere Menschen sind zwar die meiste Zeit müde und lustlos, erfreuen sich aber noch am Essen, an Kaffee und Kuchen, ein bisschen Alkohol und einfach Gaumenfreuden.
Folgende Symptome kommen bei der Altersdepression auch noch hinzu, kann man aber auch der Demenz zuordnen:
- Konzentrationsschwierigkeiten
- eingeschränktes Selbstwertgefühl und -vertrauen
- Suizidgedanken, Sprechen über und Wünschen des eigenen Todes.
Besonders aber letzterer Punkt ist schwierig einzuordnen, denn viele alte Menschen können mit diesem Thema ihre Angehörigen regelrecht tyrannisieren und sie damit bedrohen. Manche Senioren drohen über zwei oder mehr Jahrzehnte ihren Kindern, wenn sie sie zu wenig besuchen kommen, dass sie das nächste Mal sicher tot sind.
Oder sie sprechen lapidar über ihren eigenen Tod in Gegenwart ihrer Angehörigen, obwohl diese sich die größte Mühe geben. Dies sind aber kleine Manipulationsspielchen, mit denen manche Senioren ihre alte Macht über ihre Kinder wieder erlangen wollen. Es ist wirklich schwer das zu unterscheiden.
Man merkt es aber an der Stimmung des Betroffenen. Ob jemand im Streit und Konflikt immer wieder mit dem eigenen Tod droht oder ob er wie nebenbei, etwa nach dem Zubettgehen oder nach einem Besuch eher leise vor sich hinmurmelt „Ich mag nicht mehr“ oder „Lasst mich doch sterben“.
Das Alter wird von vielen Menschen als freudlos, langweilig, einsam und körperlich schmerzhaft empfunden und daher ist die Abgrenzung zu einer echten Depression schwierig. Klar ist: viele Senioren haben auch Grund dazu traurig und freudlos zu sein. Etwa, weil der langjährige Lebenspartner gestorben ist, auch wenn dies schon über 10 Jahre zurückliegt, ist die Veränderung so groß, dass dies dauerhaft schmerzt.
Auch haben viele Menschen der älteren Generation nicht gelernt, mit Verlust und Trauer, mit psychischem Schmerz allgemein richtig umzugehen, ihn zu verarbeiten und rauszulassen. Sie schleppen ihn daher ständig mit sich herum.
Aber auch, wenn sie tatsächlich von ihren Kindern und Enkelkindern zu viel alleine oder gar im Stich gelassen werden. Und wenn der Alltag immer gleich und öde ist, wenn ihnen also die Abwechslung und soziale Kontakte fehlen.
Doch überraschenderweise, sind auch viele Senioren in dieser gedrückten Stimmung, wenn sie ein fürsorgliches Umfeld und soziale Kontakte haben. Das Alter und die damit verbundenen Beschwerden, aber auch die veränderte Lebenssituation ohne Arbeit und Aufgaben, sowie die Todesfälle in Familie und Freundeskreis schlagen ihnen dauerhaft auf die Stimmung.
Man sollte aber körperliche Ursachen nicht außer acht lassen, wie beispielsweise Mangel an Vitamin D, weil alte Menschen oft Sonne und Luft meiden. Auch kann ein alter Körper das Essen und auch seine Vitalstoffe nicht mehr so verwerten wie junge, aktive Menschen und auch der Darm ist nicht mehr so funktionsfähig. Dazu kommen die vielen Medikamente, die ebenfalls Mineralstoffe abziehen. Man sollte Mangelzustände nicht außer acht lassen.
Körperliche Beschwerden bei einer Altersdepression:
- Kopfschmerzen
- Rücken- und Gliederschmerzen
- neuralgische Schmerzen
- Schwindelanfälle
- nervöse Magen-Darm-Beschwerden
- Appetitlosigkeit und Gewichtsverlust
- Innere Unruh
Was hilft gegen eine echte Altersdepression?
- Medikamente
- eine kognitive Verhaltenstherapie
- interpersonelle Psychotherapie
- soziale Unterstützung
- Lichttherapie
- Musiktherapie
- Kunsttherapie
- Angepasste Bewegungstherapie
-> hier haben wir einen sehr guten ausführlichen Artikel zu Altersdepressionen gefunden.
Unterschiede zu anderen Formen der Depression
Während Depressionen in jüngeren Jahren oft andere Ursachen haben, mit unverarbeiteten Traumata, körperlicher und psychischen Gewalterfahrungen zu tun haben, mit einer gestörten Entwicklung der Identität und des Selbstwertgefühls – haben alte Menschen oft ein gesundes, normales Leben gehabt und werden dann depressiv.
Junge depressive Menschen wirken auf andere vollkommen gesund und haben daher Schwierigkeit ihre Antriebslosigkeit und Trauer zu erklären. Bei der Altersdepression treten oft körperliche Symptome in den Vordergrund, auch rätselhafte Schmerzen. Junge depressive Menschen haben meist negative Erfahrungen in Kindheit und Jugend hinter sich, während die Altersdepression nicht damit zusammenhängt und so aufgearbeitet werden könnte.
Was können Angehörige nun tun?
Zunächst sollten sie auf die obigen Anzeichen achten und sensibel für das Thema Depression werden. Wenn es geht, sollte man das offene Gespräch suchen und der Traurigkeit auf den Grund gehen. Allerdings ist dies nicht immer so einfach, weil der alte Mensch es oft nicht gewohnt ist, auf dieser Ebene mit seinen jüngeren Angehörigen zu reden und sich so zu öffnen.
Oft aber kann er auch gar nicht erklären, was genau los ist und wenn es so einfach wäre, wäre Depression auch nicht so eine Herausforderung für alle. In den Gesprächen darf man natürlich nicht zu aufdringlich sein und auch nicht zu „nervig“. Das bedeutet nicht demonstratives Aufmuntern und animieren und ablenken. Depressive Menschen sind ja keine kleinen Kinder, die man nur ablenken muss und dann hören sie auf zu weinen.
Motivieren, positiv bleiben, aber auch viel Ruhe und Akzeptanz schenken, ist hilfreich. Anwesend sein, Gesellschaft bieten und Unterhaltung sowie Beschäftigung, aber nicht zu sehr in die gegenteilige Stimmung zur Traurigkeit verfallen. Die von der Depression betroffene Person sollte nicht das Gefühl bekommen, alle anderen haben Spaß und das Leben ist für sie Party, sondern sie darf ruhig Anteil haben, an den verschiedenen Stimmungen der anderen.
In jedem Fall sollte man als erstes mit dem Hausarzt sprechen, wenn einem diese gedrückte Stimmung auffällt. Hausärzte verschreiben dann meist ein Medikament wie Mirtazapin, was aber auch nicht unbedingt die Lösung ist. Aber je nach Diagnose muss man wohl oder übel einige Medikamente ausprobieren.
Es gibt auch viele pflanzliche sogenannte „Stimmungsaufheller“ die man in Absprache mit dem Arzt und nach Abwägen der Wechselwirkungen ausprobieren kann. Johanniskraut ist hier zwar bekannt, hat aber einige Nachteile, wie Lichtempfindlichkeit der Haut und Augen und andere Nebenwirkungen.
Es gibt aber heute noch einige andere pflanzliche Mittel, die motivierend und aufbauend wirken. Hier muss man sich intensiv mit beschäftigen um das geeignete für die Person zu finden. Diese Mittel helfen altersdepressiven Menschen durchaus etwas, weil diese Art der Depression nicht komplett mit der jüngerer Menschen zu vergleichen ist.
Unterstützungsmöglichkeiten für Betroffene, die nicht mehr mobil sind
- Ambulante Therapien: Nicht mobile Personen können ambulante Therapieangebote nutzen. Viele Psychotherapeuten bieten Hausbesuche oder Online-Beratungen an, was besonders für ältere, eingeschränkte Menschen eine wertvolle Alternative darstellt.
- Selbsthilfegruppen: Der Austausch mit anderen Betroffenen kann älteren Menschen helfen, sich verstanden zu fühlen und neue Bewältigungsstrategien zu erlernen. Es gibt auch Selbsthilfegruppen, die speziell für Angehörige älterer Menschen mit Depressionen gedacht sind.
- Tagespflege und Freizeitangebote in Heimen: In Pflegeheimen gibt es oft spezialisierte Programme, um depressive Stimmungen zu lindern. Freizeitaktivitäten, Gesprächsrunden und körperliche Betätigung können positive Impulse setzen. Manche Heime haben auch gezielte psychologische Angebote, die auf Altersdepression ausgerichtet sind.
Wenden Sie sich als Angehörige auch an diese Stellen:
- Stiftung Deutsche Depressionshilfe
- Deutsche Depressionsliga e.V.
- Bundesverband der Angehörigen psychisch erkrankter Menschen (BApK)
Nehmen Sie die Traurigkeit Ihres Angehörigen nicht persönlich und versuchen sie zu akzeptieren, dass Altern auch bedeutet, dass der Mensch allgemein in sich gehen möchte. Das laute, lustige Leben, das nach außen gerichtet ist, ist nicht mehr so interessant, weil man dies alles hatte.
Ruhe, sozialer Rückzug und nicht mehr so aktiv sein mögen, ist ganz normal im Alter. Nur sollten immer Phasen am Tag spürbar sein, wo noch gute Laune, Freude, Appetit aufkommen.
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