Was ist Demenz – Situationen aus dem realen Pflegealltag

Was ist Demenz? Wer keinen Demenzkranken kennt, kann sich den Alltag nur schwer vorstellen. Zudem gibt es 80 verschiedene Formen von Demenz, sodass nicht jeder Betroffene die gleichen Symptome zeigt. Wir sammeln hier Situation aus dem Alltag mit Demenzkranken, damit sich Nichtbetroffene und zukünftige Pflegende besser informieren können.

Wer sich gut mit Demenz auskennt und vielerlei typische Situationen kennt, der kann auch besser damit umgehen und es lassen sich sogar strategische Reaktionen erlernen.

Besonders Angehörige müssen nicht immer windmühlenartig gegen die dementtypischen Verhaltensweisen ankämpfen, sondern können noch umlernen. Es ist für Angehörige einfach besonders schwer, weil sie vieles nicht locker nehmen können, einfach aufgrund der Enge der Beziehung und des bisherigen gemeinsamen Familienlebens.

Wenn die Pflegekraft es noch locker sehen kann, wenn ständig gekleckert wird oder es Hygiene und optische Auffälligkeiten gibt wie ein ungepflegtes Äußeres, so haben Angehörige mehr Stress, auch weil die optische Erscheinung auf sie zurückfällt und Kritik im familiären und nahen Umfeld hervorruft.

Doch das ist nur ein Bereich. Wirre Ideen, Sturheit, Uneinsichtigkeit seitens der Pfleglinge rauben den Angehörigen oft den letzten Nerv, weil sie einfachste Alltagsverrichtungen erschweren. Zudem sind viele Dinge, die Demenzkranke ahnunglos tun auch einfach gefährlich, wie den Herd anlassen, das Wasser nicht abstellen etc.

Bei Demenzkranken nutzt es nichts, wie bei Kindern zu erklären und sie anzulernen, denn es bleibt nichts hängen. Die Situation kommt daher immer wieder.

Viele Ratgeber bezüglich des Umgangs mit Demenzkranken sind wohlgemeint und sie enthalten natürlich auch gut gemeinte Tipps, aber man merkt oft, dass sie nicht von Angehörigen geschrieben wurden. Auf jeden Fall aber ist es wichtig, sich als Angehöriger zu informieren und schulen zu lassen, durch Kurse in der Nähe, um im Umgang mit der Krankheit lockerer zu werden, seine Nerven zu schonen und nicht in einen Teufelskreis aus falschen Reaktionen zu gelangen.

Zum Glück ist die Demenz heute relativ bekannt, wer vor 30-40 Jahren eine dementkranke Person zuhause hatte, hatte es viel viel schwerer! Weder Ärzte noch Krankenhäuser waren damals richtig auf dementkranke vorbereitet und waren selbst hilflos. Leider wurde so dann auch vieles persönlich  genommen, was doch eigentlich krankheitstypisch ist.

Typische Situationen im Alltag mit Demenz

Demenz hat nicht immer das gleiche Gesicht. Daher nutzt es auch nicht, einen einzigen Dementkranken zu kennen, denn das Wissen über den einen, hilft bei den anderen nicht unbedingt. Wir sammeln verschiedenste Situationen, die nicht zwingend bei Demenz vorkommen müssen.

Demenz ist:

  • Wenn du als Pflegender Angehöriger nachts 4 Mal aufstehen musst, weil dein Pflegling klingelt, ruft oder schreit, weil ihn Träume oder Halluzinationen beunruhigen.
  • Wenn du kurz nachdem du dich hingelegt hast, wieder aufstehen musst, weil dein Pflegling sich von dir nicht hat beruhigen lassen können.
  • Wenn du Klingeln und Rufen phasenweise einfach ignorieren musst, weil es keinen Sinn macht, darauf einzugehen, auch wenn dir das sehr leid tut und du es als unnatürlich empfindest.
  • Wenn normale Hygienemaßnahmen wie Waschen vom Pflegling als Zumutung und Quälerei empfunden werden und daher mit Schimpfen und Aggressionen bekämpft werden.
  • Wenn der Pflegling sich von allen Maßnahmen gequält fühlt und dir als Pflegender Angehöriger unterstellt, dir würde das alles Spaß machen.
  • Wenn du weißt, was für den Dementkranken besser wäre, als Aktivität, aufstehen, sich bewegen, fernsehen, essen etc. er aber immer nur ins Bett will und in Ruhe gelassen.
  • Wenn du dir täglich Mühe gibst, den Dementkranken aufzumuntern, Unterhaltung, Beschäftigung und gutes Essen bietest, es aber nicht den gewünschten Effekt hat, sondern der Kranke lustlos und schlecht gelaunt bleibt.
  • Wenn du immer wieder das Gleiche erklären musst oder die gleichen Anweisungen geben musst, wie beim morgendlichen Waschen.
  • Wenn der Dementkranke alles Wichtige verlernt hat, wie einen Waschlappen benutzen.
  • Wenn du agieren musst, wie ein Roboter, aber gleichzeitig Empathie und Vorsicht walten lassen musst.
  • Wenn du grundlos beschimpft wirst, weil der Demenzkranke irgendetwas phantasiert hat.

Mobile Demenzkranke

So lange Demenzkranke noch mobil sind, ist es besonders schwierig, denn Alltag mit ihnen zu meistern. Die Beine sind noch fit, aber der Kopf spielt nicht mit.

  • Wenn der Demenzkranke immer wieder einfach das Haus verlässt, weil er „nach Hause“ will.
  • Wenn man immer wieder den Wasserhahn laufen lässt, den Herd an, Bügeleisen an etc.
  • Wenn immer wieder Schlüssel und wichtige Dinge verlegt und gesucht werden
  • Wenn der Stuhlgang nicht mehr normal bewältigt werden kann und die Hygiene vernachlässigt.
  • Wenn Ankleiden und Frisieren nicht mehr gelingt, sich der Betroffene aber auch nicht helfen lassen will.
  • Wenn Windeln einfach „entsorgt“ werden und zwar irgendwo im Haus.
  • Wenn Essen, auch rohe Eier in der Sofaritze landen.
  • Sämtliche Gegenstände im Haus falsch aufgehoben werden, also auch Lebensmittel aus dem Kühlschrank woanders und umgekehrt.
  • Wenn die Bankgeschäfte und Bezahlungen nicht mehr koordiniert werden können und dann die Bankmitarbeiter beschimpft oder regelmäßig „beschäftigt“ werden.
  • Wenn einfachste Dinge nicht gemacht werden können, aber dafür komplizierte technische Geräte oder Haushaltsgegenstände auseinander gebaut und beschädigt.
  • Wenn der Betroffene Hundekot mit der bloßen Hand wegmacht, wenn er das WC Becken als Waschbecken nutzt. Wenn das für den Toilettengang benutzte Papier in den Eimer geschmissen wird und die Toilette mit der Hand „sauber“ gemacht wird.

Persönlichkeitsveränderungen und Psyche sowie soziales Leben

Diese Punkte sind oft die, unter denen die Angehörigen am meisten leiden. Wichtig ist immer sich zu erinnern, wie der Betroffene früher war und zu erkennen, dass vieles keine echte Persönlichkeitsänderung ist, sondern der Demenz zuzuschreiben.

  • Betroffener mag nicht mehr lange telefonieren, weil er dem Gespräch nicht folgen kann. Bricht Telefonate sogar abrupt ab.
  • Schaltet bei Feiern und Treffen mit Familie und Freunden etc. schnell ab, zieht sich zurück.
  • Ist „grantig“, schlecht gelaunt, will immer nur seine Ruhe haben.
  • Ist unfreundlich und vor allem undankbar, auch bei eindeutigen Hilfsmaßnahmen.
  • Kann nicht mehr empathisch empfinden: Wenn die pflegende Person eigene Krankheiten oder Beschwerden hat, ist kein Mitgefühl oder Verständnis mehr vorhanden.
  • Wirkt extrem egoistisch, kann sich nur noch auf sich und die eigenen Bedürfnisse konzentrieren.
  • Verhält sich fordernd und barsch.
  • Manchmal rutschen richtige Beleidigungen gegenüber den helfenden oder therapierenden Personen heraus.
  • Person wirkt oft wie ausgewechselt im Vergleich zu früher.
  • Festhalten an falschen Überzeugungen, Starrsinn.
  • Betroffene sehen in Wandbildern, Teppichen, Mustern, Dekorationen, unheimliche Dinge, die sie beunruhigen oder „Mäuse“, die die Wand hochklettern -> Halluzinationen.

Was erhalten bleibt

Nicht alles verändert sich mit der Demenz und geht verloren. Daher entscheiden sich viele Angehörige, ihre Verwandten trotz  Demenz zuhause zu pflegen, weil die Person nicht total entfremdet ist, sondern nur Teile der Person. Es gibt auch Eigenschaften, Interessen und Persönlichkeitsmerkmale, die erhalten bleiben, auch bei schwerer Demenz.

  • Langzeitgedächtnis: In den meisten Fällen kann man sich mit Demenzkranken gut über lange Vergangenes aus der Jugend und den mittleren Jahren unterhalten und sie so aufheitern. Als Ritual empfiehlt sich regelmäßig alte Filme, Musikvideos aus solchen Zeiten gemeinsam anzusehen und Gedächtnisspiele etc. mit Bildern aus dieser Zeit zu spielen.
  • Bindung zu Familienangehörigen: Nicht immer geht Demenz damit einher, dass die Betroffenen ihre eigenen Familienangehörigen nicht mehr erkennen. Solange die Bindung noch da ist und sich der Demenzkranke noch freut, Tochter/Sohn/Enkel zu sehen, ist vieles andere noch auszuhalten.
  • Bestimmte Fähigkeiten/Talente: Demenzkranke können durchaus noch wie „im Schlaf“ ein Instrument spielen, das sie einmal beherrscht haben oder Geräte auseinander bauen.
  • Liebe zur Musik: Wenn der Betroffene früher Musik gemocht hat, wird er das meist auch in der Demenz noch tun. Die Lieblingsmusik auflegen, kann für den Alltag ein heilsames Ritual sein.
  • Interesse an der Gesellschaft und anderer Menschen und Zuwendung: Trotz aller Persönlichkeitsveränderungen brauchen die Demenzkranken Gesellschaft, Aufmerksamkeit und liebevolle Zuwendung, eben wie kleine Kinder. Sie freuen sich, wenn regelmäßig Therapeuten, Ärzte oder Betreuer kommen, auch wenn die Aufmerksamkeitsspanne oft nach ca. 30 Minuten verbraucht ist.
  • Interesse an Spielen: Alles, was spielerisch ist, wird eher mitgemacht, als alltägliche Verrichtungen. Kleine Bälle hin- und herwerfen, Gedächtnisspiele angepasst an den aktuellen Zustand, Luftballons kicken oder Kinderdart sind Beschäftigungen, die die Motorik erhalten und ihnen und damit allen anderen auch noch Spaß machen und vor allem Leichtigkeit in den schweren Alltag bringen.
  • Sie brauchen Freundlichkeit und gute Laune: Wenn man selbst als Angehöriger zu überlastet und gestresst ist, sollte man nach Therapeuten, Physiotherapeuten, Ergotherapeuten etc. Ausschau halten, die ein fröhliches Gemüt haben. Sie kommen mit demenzkranken viel besser zurecht und machen alles leichter, als sehr ernste, problemorientierte Therapeuten.

Unterschiede bei den verschiedenen Demenzformen:

  • Stimmung und Laune: Manche Demenzkranke sind wie Kinder meist fröhlich und gut gelaunt, andere tendenziell eher grantig, stur und lustlos oder gar aggressiv.
  • Nicht alle können die gleichen Dinge nicht.

 

Dieser Artikel wird regelmäßig aktualisiert. Wenn Sie typische Situationen aus ihrem Alltag ergänzen möchten, schreiben Sie gerne ins Kommentarfeld.

 

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